ifo Konjunkturprognose 2013/2014: Deutsche Konjunkturlokomotive kommt unter Dampf
Prof. Dr. Kai Carstensen, ifo Institut
München, 17.12.2013 – Die gesamtwirtschaftliche Produktion in Deutschland
wird sich im kommenden Jahr beschleunigen. Darauf deutet das ifo Geschäfts-
klima hin, das in den vergangenen Monaten eine deutliche Aufwärtstendenz ge-
zeigt hat, schreiben die Experten des ifo Instuts in ihrer aktuellen
Pressemeldung. Auch bessert sich das weltwirtschaftliche Umfeld. Die
binnenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind ebenfalls günstig. Die
Unsicherheit bei den Unternehmen ist gesunken, und für die Anleger bleibt
sie bei einer Auslandsanlage hinreichend hoch, um das Interesse an einer
vergleichsweise sicheren Investition in Deutschland aufrecht zu erhalten.
Die Einkommensperspektiven der privaten Haushalte sind gut. Vor diesem
Hintergrund wird die konjunkturelle Expansion voraussichtlich von der
Binnenwirtschaft getragen. Im Jahresdurchschnitt 2014 dürfte das reale
Bruttoinlandsprodukt, bei einem Unsicherheitsintervall (2/3 Wahrscheinlichkeit)
von 0,8 % bis 3,0 %, daher um 1,9 % zunehmen.
Lage der Weltwirtschaft
Im vergangenen Sommer hat sich das Tempo der weltwirtschaftlichen Expansion leicht
beschleunigt. Der Welthandel nahm etwas kräftiger zu als noch zu Beginn des Jahres
2013. Die Industrieländer waren dabei erstmals seit vier Jahren die treibende Kraft der
konjunkturellen Besserung. So kam in den USA und Großbritannien der Schuldenab-
bau im privaten Sektor weiter voran und wurde von der äußerst expansiv ausgerichte-
ten Geldpolitik begleitet. In Europa war die Fiskalpolitik zudem nicht mehr so restriktiv
ausgerichtet, und die Unsicherheit über den Fortbestand des Währungsraumes ging
etwas zurück.
Wichtige Schwellenländer durchliefen indes eine Schwächephase, die unter anderem
auf die erwartete baldige graduelle Straffung der Geldpolitik in den USA zurückzufüh-
ren war. So hatten insbesondere die Türkei, Indien, Indonesien, Brasilien und Südafri-
ka starke Abflüsse ausländischen Kapitals zu verkraften, was die Refinanzierungsbe-
dingungen für den privaten und öffentlichen Sektor dort merklich verschlechterte und
die Währungen unter einen massiven Abwertungsdruck setzte. Vielerorts waren jedoch
auch strukturelle Gründe verantwortlich, die im Sommer wieder stärker zutage traten.
Die Wirtschaft des Euroraums hat sich im Sommerhalbjahr von der mehr als einem
Jahr anhaltenden Rezession gelöst, auch weil der Restriktionsgrad der Finanzpolitik
zurückgenommen wurde. Wesentlich war auch die kostenlose Versicherungsleistung
für die Staatspapiere der Krisenländer, die die Europäische Zentralbank (EZB) seit
dem Spätsommer 2012 in Form ihres OMT-Programms anbot, denn sie hat die Krisen-
länder bei den Kreditzinsen entlastet und die Neuaufnahme von Krediten erleichtert.
Gleichzeitig ist die Wirtschaft der Währungsunion nach wie vor in einer äußerst
schlechten Verfassung, durch eine stark ausgeprägte Heterogenität zwischen den ein-
zelnen Mitgliedsländern gekennzeichnet und vielerorts weiterhin fragil und für krisen-
hafte Verwerfungen anfällig. So weisen mehrere Volkswirtschaften enorme, zumeist in
der Dekade vor der Krise entstandene, private und/oder öffentliche Schuldenstände
auf. In den Krisenländern Spanien, Portugal, Griechenland und Italien ist der steile
Aufwärtstrend bei den von einem Zahlungsausfall gefährdeten Krediten nach wie vor
ungebrochen. Der Kern der Problematik liegt aber in der fehlenden Wettbewerbsfähig-
keit. Solange diese nicht wiederhergestellt ist, wird es einigen Ländern nicht gelingen,
die teils enormen Auslandsschulden zu tragen. Leider gibt es einen unlösbaren Ziel-
konflikt zwischen der kurzen und der langen Frist. Maßnahmen, die der Wirtschaft
kurzfristig Konjunkturimpulse verleihen, verzögern die Wiederherstellung der Wettbe-
werbsfähigkeit durch reale Abwertung und behindern deshalb die langfristige Gene-
sung.
Annahmen der Prognose und Risiken
Der vorliegenden Prognose liegt die Annahme zugrunde, dass es zu keiner neuerli-
chen Eskalation der Eurokrise kommt. Die wichtigste Voraussetzung dafür ist, dass die
strukturellen Anpassungen im Euroraum wie bislang mit nur mäßigem Tempo fortge-
setzt und die öffentlichen Defizite nur langsam zurückgefahren werden. Ein mögliches
Hemmnis für die Reformbereitschaft und damit für die Herstellung der internationalen
Wettbewerbsfähigkeit in den Krisenländern sind dabei die Kredithilfen der EZB (Target)
und die ergänzenden Kredite der Staatengemeinschaft, die Lockerung der fiskalpoliti-
schen Ziele, die die EU-Kommission zu Jahresbeginn mehreren Euroraumländern ge-
währte sowie das OMT-Programm der EZB. Durch diese Maßnahmen wurden konjunk-
turelle Impulse freigesetzt und für viele Regierungen wurden die zuvor sehr hohen Re-
finanzierungskosten gesenkt, doch zugleich wurde der Reformdruck reduziert. Ein wei-
teres Risiko für die Prognose besteht darin, dass sich die langfristigen Inflationserwar-
tungen vom Ziel der EZB, das nahe bei 2% liegt, entkoppeln. Die Prognose basiert auf
der Annahme, dass im Durchschnitt der Euroländer keine langfristige Deflation erwartet
wird. Ein weiteres Risiko für diese Prognose besteht schließlich in der Entstehung von
Preisblasen durch die äußerst günstige Bereitstellung von Liquidität.
Ausblick für die Weltwirtschaft
Soweit sich das Basisszenario realisiert, wird die Weltkonjunktur allmählich an Fahrt
gewinnen. Das Produzenten- und Konsumentenvertrauen hat sich in allen wichtigen
Regionen verbessert. Die treibende Kraft hinter der konjunkturellen Beschleunigung
sind im Unterschied zu den vergangenen fünf Jahren nicht die Schwellenländer son-
dern die fortgeschrittenen Volkswirtschaften, in denen die Verbesserung der Vermö-
gensposition der privaten Haushalte und die expansive Geldpolitik die Konjunktur zu-
nehmend beleben. Zudem dürfte die Finanzpolitik in einer Reihe von Ländern weniger
kontraktiv ausgerichtet sein.
Die Heterogenität zwischen den Mitgliedsstaaten des Euroraums wird nach wie vor
hoch bleiben. Mehrere Mitgliedsländer haben noch immer mit gewaltigen Strukturprob-
lemen zu kämpfen. Soweit sich die Annahmen der Prognose realisieren dürfte sich die
zähe Erholung dennoch fortsetzen weil der Rückgang der Importe für die heimische
Wirtschaft stützend wirkt. Zudem werden die Krisenländer ihre internationale Wettbe-
werbsfähigkeit angesichts sinkender Preise wohl allmählich verbessern. Die Binnen-
nachfrage in den Krisenländern dürfte indes rückläufig bleiben, da die private Ver-
schuldung nach wie vor sehr hoch ist und die Arbeitslosigkeit voraussichtlich nicht zu-
rückgeht. Zudem bleiben auch die Refinanzierungsbedingungen aufgrund der labilen
Lage des Bankensystems schlecht und behindern die Investitionstätigkeit. Stabilisie-
rend für die kurzfristige Binnennachfrage ist, dass der Restriktionsgrad der Finanzpoli-
tik weiter spürbar abnimmt, was aber die Kräfte schwächt, die die langfristige Wettbe-
werbsfähigkeit stärken. Konjunkturell stützend wirkt auch die weiterhin expansive
Geldpolitik.
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