Vontobel: Keineswegs "dovish" - US-Notenbank setzt die Straffung der Geldpolitik weiter fort
Mark Holman, CEO von TwentyFour Asset Management
Für die aufmerksamen Verfolger der FOMC-Pressekonferenz am vergangenen
Mittwochabend war die Botschaft klar: Die US-Notenbank Fed treibt die
Normalisierung der Zinsen und die schrittweise Schrumpfung ihrer Bilanz voran.
Die Märkte konzentrieren sich jedoch auf die Streichung des Satzes
"Der geldpolitische Kurs bleibt unterstützend" aus dem Statement der Fed und
nehmen dies als Zeichen dafür, dass sich die Zentralbank ihrem neutralen Zins
nähert, wonach sie eine Pause bei der geldpolitischen Straffung einlegen könnte.
Hieraus wurde letztendlich abgeleitet, dass das Statement "dovish" (taubenhaft)
ausgefallen sei. Mit dieser Schlussfolgerung sind wir allerdings nicht
einverstanden, denn die aktuelle Fed Funds Rate (2,00% bis 2,25%) liegt
unterhalb des neutralen Zinssatzes, für den jedes stimmberechtigte Mitglied
einen höheren Wert sieht. Auch in den sogenannten Dot Plots gab es eine leichte
Verschiebung nach oben, doch der Median deutet immer noch auf vier weitere
Zinserhöhungen bis Ende 2019 hin. Das sieht nicht nach einer Lockerung der
geldpolitischen Maßnahmen aus.
Über Nacht und Donnerstagmorgen kam es zu einer kleinen Rally bei den
Renditen von US-Treasuries mit längerer Laufzeit. Dadurch gelangte die
Zinskurve in den Fokus, die sich erneut auf nur 23 Basispunkte verflachte.
Die zuletzt gesehene Steilheit wurde vielleicht nur als ein kurzes Aufblitzen
betrachtet, bevor es nun wieder flacher weitergeht. Dies mag zwar richtig sein,
aber aus unserer Sicht ist weder die Fed noch die Inflation der Grund für die
Abflachung.
Das kurze Ende der Kurve folgt der Fed recht genau, wobei die
Zweijahresrenditen mit 2,80% gerade neue Nach-Krisen-Höchststände erreichen.
Das lange Ende der Kurve hat jedoch andere Treiber, die einfach ausgedrückt die
Nachfrage nach einem Risk-off-Vermögenswert mit negativer Korrelation
widerspiegeln. Diese Nachfrage wird durch geopolitische Sorgen und Stärke des
US-Dollars getrieben.
Die wichtigsten geopolitischen Themen sind eine Kombination aus einem Beben
in der Eurozone durch Italien und natürlich bezüglich des Brexits, eine
eskalierende Handelskriegsrhetorik (die nicht mehr nur Rhetorik ist) und eine
Schwäche in den Emerging Markets (kurz EM), hauptsächlich in der Türkei und
Argentinien, die sich aber auch auf alle anderen EM-Länder ausweitet, die ein
hohes, in US-Dollar finanziertes Defizit aufweisen. Bei diesen Themen gibt es
ein Auf und Ab, und seit Ende des Sommers fallen die Nachrichten etwas besser
aus, sodass die Renditen von Treasuries mit länger Laufzeit angezogen haben.
Dies fällt auch mit einer Phase moderater Dollarschwäche zusammen, die sich
natürlich direkt in der Erholung der EM auswirkt. Tatsächlich korreliert die
Dollarschwäche fast perfekt mit dem jüngsten Anstieg der Renditen, eine
Entwicklung, die es sicherlich zu verfolgen gilt. Hätten diese geopolitischen
Belastungen nicht nachgelassen, hätten wir Donnerstagmorgen wahrscheinlich auf
eine flache Zinskurve gestarrt, da 10-jährige Treasuries am 24. August bei nur
2,81% standen.
In diesem Umfeld hat die Fed keine Mine verzogen, und dabei ist die
Erwartungshaltung bezüglich einer Verschnaufpause derzeit recht hoch.
Wir sehen die Haltung der Fed nicht als "dovish" an, und vor allem sind wir
nicht der Meinung, dass die Fed im Moment die Renditen am langen Ende treibt.
Die Form der Kurve wird vom Markt bestimmt. Ohne die geopolitischen Risiken
und den schwächeren US-Dollar könnten die Renditen von 10-jährigen
US-Staatsanleihen sehr leicht auf 3,25% bis 3,50% steigen, aber sollten diese
beiden Einflussfaktoren noch ausgeprägter werden, werden wir in den nächsten
Wochen einer flachen Kurve gefährlich nahe kommen.
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