Vontobel | Ein nüchterner Blick auf den „Deal“ zwischen den USA und Großbritannien

- Eine Vereinbarung, aber kein umfassendes Abkommen
- Aktuelle Kurse preisen Reduzierung der Zölle bereits ein
- Aufwärtspotenzial bei Risikoanlagen begrenzt
Investmentfonds.de | Mit viel Tamtam kündigten US-Präsident Trump und der britische Premierminister Starmer am Donnerstag vergangener Woche ein „historisches“ Handelsabkommen zwischen den USA und Großbritannien an. Die wichtigsten Punkte für Großbritannien sind eine Reduzierung der Autozölle von 27,5% auf 10% für die ersten 100.000 Autos, die in die USA ausgeführt werden, sowie die Abschaffung der Zölle auf Stahl- und Aluminium. Für die USA liegen die Hauptvorteile darin, dass keine Zölle auf Ethanol erhoben werden, 13.000 metrische Tonnen US-Rindfleisch zollfrei nach Großbritannien importiert werden und dass der Eigentümer von British Airways, IAG, eine Bestellung über 32 Boeing-Flugzeuge aufgibt.
Die Märkte haben nicht allzu stark auf die Nachrichten reagiert. Und auch wenn das Abkommen mit Großbritannien dank eines nicht allzu großen Handelsdefizits bei Waren mit den USA, als „einfach“ angesehen wurde, lassen sich dennoch einige Schlussfolgerungen darüber ziehen, wie sich die gesamte Zollsituation in naher Zukunft entwickeln könnte.
Viele Bereiche ausgeklammert
Erstens: Das jüngste Abkommen ist eher eine Vereinbarung zu einzelnen Handelsaspekten als ein umfassendes Handelsabkommen. Viele weitere Details müssen noch geklärt werden und es sieht in jedem Fall nicht so aus, als ob ein wirklich umfassender Vertrag zur Diskussion steht. Die Vereinbarung betrifft eine Handvoll Sektoren, es gibt weitaus mehr Bereiche, die ausgeklammert wurden als solche, die enthalten sind. Das ist keine Überraschung, da umfassende Handelsabkommen in der Regel Jahre der Verhandlungen erfordern. Zukünftige Abkommen mit anderen Ländern werden wahrscheinlich die gleiche Form annehmen.Zweitens scheint ein Zolltarif von 10% die Untergrenze zu sein. Obwohl dies im Vergleich zu den Ankündigungen Anfang April zunächst nach einer niedrigeren Zahl klingt, ist es immer noch deutlich schlechter als zu Beginn des Jahres erwartet. Entsprechend passt es ins Bild, dass die Wachstumsprognosen, insbesondere für die USA, nach unten korrigiert wurden. Die USA sind dabei, die Handelsbeziehungen mit all ihren Handelspartnern neu zu ordnen, während der Rest der Welt nur eine (zugegebenermaßen wichtige) Beziehung neu ordnen muss. Die Annahme einer Untergrenze von 10% bedeutet nicht, dass dieses Niveau für alle Länder gelten wird. Es bleibt abzuwarten, welche Art von Deal es für Länder geben wird, die gegenüber den USA einen Handelsüberschuss bei Waren erzielen. Wenn der Zolltarif deutlich höher ausfällt als 10%, könnten die Wachstumsprognosen erneut nach unten korrigiert werden.
Märkte erwarten schwierige Verhandlungen
Drittens haben sich die Märkte auf die Nachrichten hin kaum bewegt. Dies deutet darauf hin, dass die aktuellen Kurse eine erwartete Reduzierung der Zölle berücksichtigen, aber keinen Rückgang auf null. Der endgültige Wert dürfte im Durchschnitt bei etwa 10% oder leicht darüber liegen (China ausgenommen). Ohne greifbare Fortschritte bei den Verhandlungen mit anderen Ländern, insbesondere mit der Europäischen Union (EU) und China, scheinen die Bewertungen von Risikoanlagen etwas anfällig zu sein. Der Umfang einer möglichen Korrektur wird von der Einschätzung der Wahrscheinlichkeit eines „No-Deal“-Szenarios abhängen. Mit anderen Worten: Die Märkte könnten erwarten, dass die Verhandlungen mit China und der EU schwieriger ausfallen werden. Das könnte zur Folge haben, dass mögliche Korrekturen begrenzt ausfallen werden, wenn negative Schlagzeilen als Teil der Verhandlung und nicht als vollständige Ablehnung angesehen werden. Andererseits, und angesichts der Tatsache, dass einige Anlageklassen bereits wieder auf ihren Jahreshöchstständen notieren, sind von diesem Niveau ausgehende deutliche Kursanstiege eher unwahrscheinlich, wenn das Szenario von Zöllen im Bereich von 10 % eintritt.Makroökonomische Auswirkungen begrenzt
Schließlich könnte die mikroökonomische Auswirkung für Länder außerhalb der USA größer sein als die makroökonomische. Direkt betroffene Sektoren wie die Automobilindustrie, Stahl und andere bleiben volatil, einige Unternehmen könnten dabei vor existenziellen Herausforderungen stehen. Doch da das Vereinigte Königreich rund 80 % seines BIP im Dienstleistungssektor erwirtschaftet, der von der Zollthematik ausgenommen ist, dürften die makroökonomische Auswirkungen zwar negativ, aber begrenzt sein. Für uns als Anleiheinvestoren, deren Best-Case-Szenario darin besteht, Kupons und Kapital zurückzuerhalten, gilt: Wir bevorzugen es, keine großen Engagements in Sektoren zu halten, die direkt vom Handelskrieg betroffen sind.An den Märkten besteht die Hoffnung, dass dies der Anfang vom Ende der Zollgeschichte ist. Auch wenn dies durchaus der Fall sein könnte, erscheint das Aufwärtspotenzial für Risikoanlagen in Form von Kursgewinnen angesichts der aktuellen Bewertungen begrenzt. Für Anleiheinvestoren stellt dies kein Problem dar, da die Renditen weiterhin attraktiv sind; dennoch bleiben wir in unserer Asset-Allokation vorsichtig, da die wichtigsten Abkommen – mit China und der EU – noch keine Fortschritte zeigen. Deren Ausgang wird erheblichen Einfluss auf Inflations- und Wachstumsprognosen haben und damit darauf, was die US-Notenbank als Nächstes tun wird (oder nicht tun wird).
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